Nach allen Gesetzen der Mathematik dürfte die Grünliberale Sonja Lüthi heute nicht im St. Galler Stadtrat sitzen. Und eigentlich sprachen bei ihrer Wahl auch alle ungeschriebenen Gesetze der Politik gegen sie. Die Vertreterin einer Kleinpartei konnte keine arithmetische «Berechtigung » auf einen Sitz in der Exekutive der Hauptstadt anmelden. Das Kunststück gelang ihr, weil die Parteifrage weitgehend bedeutungslos war und die Stadt-St. Galler in der Tendenz links ticken. Und vielleicht auch, weil Gegner Boris Tschirky (CVP) einigen Wählern zu omnipräsent war. Lüthi ist der klassische Fall einer Amtsinhaberin, die im Amt wachsen muss – und kann. Ihre ersten Schritte waren eher zaghaft und verhalten. Allerdings war nicht zu erwarten gewesen, dass sie sich innerhalb weniger Monate zum Alphatier im Stadtrat entwickelt. Ihre Chance liegt nun darin, Kompetenzfelder zu eröffnen und zu bewirtschaften.